Ewald Lienen: „Hauptsache, es geht einigen wenigen gut“.
Ewald Lienen war in seiner Karriere als Fußballer und später auch als Trainer stets eine Reizfigur. Der heute 68-jährige Nordrhein-Westfale nahm zu keiner Zeit seiner Karriere ein Blatt vor den Mund. Und auch im exklusiven Interview mit „Sportradio Deutschland“ prangert der einstige Mönchengladbacher diese Zustände im heutigen Fußball an. Das Interview in voller Länge unter: www.sportradio-deutschland.de.
Wie hat sich der Fußball im Verlauf der Zeit verändert? Was für Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Kompetenz?
Ewald Lienen: Es ist immer schlecht, wenn es auf den Positionen des Trainers, des Sportdirektors und den anderen sportlich Verantwortlichen eine so große Fluktuation gibt. Jeder bringt seine eigene Philosophie mit, es gibt keine Kontinuität mehr. Diese Kontinuität und Kompetenz ist das Entscheidende. Leider Gottes ist es im Fußball so, dass zu viele Leute mitreden, die von der Materie zu wenig verstehen. Das hat der Fußball exklusiv. Aber was zieht diese Leute in solche Positionen? Das kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Eine Gesellschaft verändert sich, damit auch der Fußball. Was sich zum Schlechten verändert hat, ist diese Fokussierung auf mehr, immer mehr, immer höher, immer weiter, immer mehr Geld. Nur noch der Erfolg zählt. Diese Konzentration der Macht auf einige Konzerne in der Wirtschaft, das erleben wir im Fußball auch. Das stört mich nun am allermeisten.
Wie sieht es generell an der Basis aus?
Ewald Lienen: Wir haben doch die Basis aus den Augen verloren, das sind unsere Amateurvereine. Den Profifußball wird es ohne sie gar nicht geben. Aber die 24.500 Vereine brauchen sonntags ihre Einnahmen, doch am Sonntag spielt mittlerweile die Bundesliga, am Sonntag spielt die 2. Liga, die spielen rauf und runter, hin und her, und es geht keiner mehr hin. Die brauchen aber diese Einnahmen. Das ist komplett rücksichtslose Vermarktung, Hauptsache, dem Profifußball geht es gut.
Verfolgt der Fußball also die falschen Ziele?
Ewald Lienen: Wir spielen nur den Großen in die Karten. Ich könnte kotzen, wenn ich höre, dass die großen Vereine sagen, wir müssen die 50+1-Regel aufbrechen, sonst können wir international nicht mehr mithalten. Der Preis, den wir bezahlen für alles, in der Gesellschaft und im Fußball, der ist einfach nur lächerlich, viel zu hoch. Es geht darum, dass man den eigenen Verein unterstützt, dass man in das Stadion geht, dass es den Menschen gut geht, auch den Amateurvereinen um uns herum. Uns allen soll es gut gehen. Nein, das ist uninteressant, wir sind in der täglichen Casting-Show. Hauptsache, es geht einigen wenigen gut und alle anderen müssen schauen, wie sie überleben. (Sportradio Deutschland /TX)
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