Kay-Enno Brink: „Strandsegeln kann im Prinzip eigentlich jeder“.
Das Strandsegeln hat in den europäischen Küstenregionen eine lange Tradition. Um 1600 herum dienten die Landsegler als Nutz- und Transportfahrzeug, heute sind die Strandsegler ein reines Sportgerät. Wie Kay-Enno Brink im Interview erzählt, ideal vom Teen bis 80 plus bei entsprechender Fitness. Und diese körperliche Fitness ist definitiv ein Muss: Der Geschwindigkeitsrekord steht bei 202,9 Stundenkilometern.
Herr Brink, wie sind Sie selbst zum Strandsegeln gekommen?
Kay-Enno Brink: Es war der pure Zufall. Ich bin in Flensburg aufgewachsen und bin von Kindesbeinen an Segler. Ich wusste zwar, dass in St. Peter strandgesegelt wird, aber es war nicht der richtige Reiz vorhanden. Über den DSV bin ich dann zu einem Schnupperkurs gegangen und das war der Start.
Fasziniert hat mich von Anfang an, dass man so leicht so schnell sein kann. Kleiner Wagen mit kleinem Segel, trotzdem diese hohen Geschwindigkeiten. Hinzu kommt dann noch jedes Mal dieses Erlebnis in der Natur. Kilometerlange einsame Strände, gerade in den Wintermonaten ein tolles Erlebnis.
Das klingt entspannende. Wäre Strandsegeln für alle etwas?
Kay-Enno Brink: Strandsegeln kann im Prinzip eigentlich jeder, der durchschnittlich fit ist. Wichtig ist, dass man keine Angst vor der Geschwindigkeit hat. Besser noch, man mag sie. Man liegt sehr tief, von daher ist der Strand sehr nahe, es kann also auch mal Sand oder Wasser spritzen. Wer nach diesem Erlebnis in der Natur kein Problem damit hat, danach Sand aus den Ohren zu puhlen, ist genau richtig.
In der Regel geht es als Teen los und nach oben ist bei vorhandener Fitness alles offen. 80 plus gibt es hier bei uns im Yachtclub in St. Peter Ording mehrfach.
Gibt es eigene Regeln, oder dient der Segelsport als Basis?
Kay-Enno Brink: Die FISLY ist die internationale Dachorganisation. Im Regelwerk der FISLY sind Ausweichregeln, Vorfahrtsrecht sowie Wendemarkenumrundungen geregelt. Hinzu kommt noch für Regatten die Besonderheit, dass wir aussteigen und anschieben dürfen, wenn zum Beispiel zu wenig Wind ist. Vieles ist jedoch ähnlich dem Segelsport, aber es gibt auch spezielle Regelungen, wie etwa das Umrunden der Bahnmarken in den sogenannten orangenen Zonen. Diese sind durch Flaggen gut gekennzeichnet und regeln die Vorfahrt.
Es gibt verschiedene Klassen. Sind die Strandsegler standardisiert, oder ist im Rennsport die Frau, der Mann oder gar der Tuner gefragt?
Kay-Enno Brink: Es gibt im Moment nur eine standardisierte Klasse, die Standard-Klasse. Es handelt sich hierbei um einen französischen Hersteller. Alle Teile werden von dem Hersteller bezogen, vergleichbar mit der Laser-Klasse im Segeln.
In allen anderen Klassen gibt es Rahmenvorschriften, man ist aber innerhalb dieser Vorschriften recht frei in der Auswahl des Equipments. Heißt: Es ist in der Klasse 5 genauso wie in der Klasse 2 oder 3 möglich, eigene Segel zu entwickeln oder auch die Reifen und Planken, solange man sich an deren Flächenvorgaben hält.
Es wird schon recht viel ausprobiert, getüftelt und experimentiert. Es gab und gibt auch Leute, die ihren eigenen Body bauen, aber es geht noch nicht so weit, dass die Aerodynamik im Windkanal getestet wird oder mit Hilfe von Computerprogrammen Bauteile optimiert werden. Eine Ausnahme ist das neuseeländische Emirates Team. Sie bauen gerade einen Strandsegler, um den aktuellen Geschwindigkeitsrekord zu brechen. Das heißt am Ende schneller als 203 Stundenkilometer zu sein.
Und wie sind die Regatten beim Strandsegeln organisiert?
Kay-Enno Brink: Der Strand gibt ein wenig den Kurs vor. Im Normalfall segeln wir in Tidengewässer. Am Stand selbst hat man oft sehr lange, aber schmale Kurse. Es gibt dann eine Luv- und eine Lee-Marke. Gibt es etwas mehr Platz, kann man auch Halbwindkurse segeln. In kleineren Klassen werden auch Viereckkurse gestellt oder mit Schikanen gearbeitet, der Platzbedarf ist geringer.
Anspruchsvoll sind Kreuz- und Vorwindkurse. Gerade das Vorwindsegeln ist sehr anspruchsvoll. Es ist fast schon entscheidend, dass man mit Schwung um die Luv-Marke kommt, damit der scheinbare Wind ausreicht um auf den Vorwindkurs zu kommen. Es kann passieren, dass man zu langsam ist, um überhaupt vor dem Wind anzufahren. Das führt dann dazu, dass man gezwungen ist einen Kurs am Wind zu steuern, anzulaufen, um scheinbaren Wind zu erzeugen, Geschwindigkeit aufbauen und erst dann wirklich auf den Vorwindkurs zu gehen. (LB)