Elizabeth Deignan: „Wir sind Teil der Geschichte, es gibt keinen Weg zurück“.
Elizabeth „Lizzie“ Deignan hat Geschichte geschrieben. Die 32-jährige Britin hat die Premiere von Paris-Roubaix Femmes als Solistin gewonnen. 82 Kilometer vor dem Ziel hat die Straßen-Weltmeisterin von 2015 beherzt attackiert und das Peloton mit der Aktion überrascht. Deswegen musste „Lizzie“ Deignan alle Passagen mit diesem berühmten und gleichzeitig berüchtigten Kopfsteinpflaster komplett allein meistern.
„Lizzie“, Dein Team Trek-Segafredo hatte eine sehr starke Mannschaft für die allererste „Hölle des Nordens“ aufgeboten. Warst Du trotzdem die Leaderin?
Elizabeth Deignan: Zu Beginn des Tages sollte ich eigentlich die letzte Helferin für Ellen van Dijk oder Elisa Longo Borghini sein.
Schon der erste Kopfsteinpflasterabschnitt ist wirklich wichtig, um dabei zu sein! Ich konnte sehen, dass Elisa und Ellen mit ihrer Position kämpften und ich war vorne, also dachte ich: „Um mich abzusichern, muss ich mit an der Spitze dabei sein“ … ich mussten selbst für diese Positionen sprinten und nahm das Tempo direkt mit auf das Kopfsteinpflaster. Als ich das nächste Mal schaute, sah ich, dass ich eine Lücke gerissen hatte, und ich dachte mir: „Solange ich vorne bin, müssen sie hinter mir herfahren“ … bin aber nur mit 75 Prozent gefahren. Als mein Vorsprung trotzdem auf über einer Minute angewachsen war, wurde ich per Funk aufgefordert, ab sofort 100 Prozent zu geben, und das habe ich dann auch getan.
Das war definitiv nicht der Plan, und ich dachte sicher nicht an einen Sieg, als ich auf das Kopfsteinpflaster fuhr. Es war eine gute Taktik, aber keine, die mir gefallen hat. Ich glaube, wenn Ellen an meiner Stelle gewesen wäre, hätte sie das Rennen mit ein paar Minuten mehr gewonnen als ich.
Wie war es, als Du immer noch alleine … das Velodrom gesehen hast?
Elizabeth Deignan: Es war eigentlich völlig surreal … heute Morgen war ich nur als eine Teamkollegin hier, ich habe niemals daran gedacht oder davon geträumt, das Rennen selbst zu gewinnen. Also war es eine unglaubliche Erfahrung, mich nach so einer großen Anstrengung in einer Position zu befinden, in der ich ganz alleine war. Ich denke, mit der Erfahrung lernt man, dass solche Momente in der Karriere nicht so oft vorkommen, ich habe die letzte Runde sehr genossen!
Gab es einen kritischeren Moment, eine Ansage per Funk oder unterwegs?
Elizabeth Deignan: Es gab einen Moment, in dem ich nach links und nach rechts rutschte und ich dachte „woahoah“ … aber das war es auch! Ich wusste, dass es in einer Gruppe schlimmer sein würde, und ich wusste, dass ich einen Vorteil hatte, wenn ich alleine fuhr und meine Linien wählen konnte. In einigen Abschnitten war es unglaublich schlammig, ich hatte mir im Vorfeld aber ein paar gute Tipps von meiner Teamkollegin Lucinda Brand eingeholt. Sie sagte: „Was auch immer du machst, du musst einfach weiter in die Pedale treten“ … das war alles, woran ich denken konnte … einfach weiterfahren. Bis zu diesem Sieg!
Viele Fahrerinnen kämpfen neben dem Sport für Gleichberechtigung …
Elizabeth Deignan: Der erste Schritt ist, dass wir ein Paris-Roubaix haben … das ist ein riesiger Schritt und ich bin dankbar, dass ich Teil dieser Geschichte sein darf. Wir sind Teil der Geschichte, es gibt keinen Weg zurück!
Trotzdem ist die unterschiedliche Bezahlung bei den Preisgeldern ein Thema?
Elizabeth Deignan: Natürlich ist das ganze Preisgeld enttäuschend, aber es ist ein schöner Moment, um darauf hinzuweisen, was mein Team Trek-Segafredo tut … sie haben das Preisgeld dem männlichen Äquivalent der Rennen, welche wir bestreiten, angeglichen … nicht nur für das eine Rennen, sondern für die gesamte Saison. Es braucht Initiativen wie diese und die Unterstützung von Sponsoren und Marken, um die Grenzen zu verschieben, und wir müssen weiter Druck machen. Wir schweigen nicht mehr und ich denke, das ist sehr wichtig! (TX)
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