Stefan Kuntz: „Diese Spieler haben sich alle zu Olympia bekannt“.
„Tokio 2020“ ist Geschichte. Mittlerweile sind alle Mitglieder von „Team D“ zurück in der Heimat. Insgesamt holte deutsche Athletinnen und Athleten zehnmal Gold und elfmal Silber und sechszehnmal Bronze. Nicht so gut lief es für die Fußballer. Nach der Rückkehr spricht U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz über die Olympischen Spiele in Tokio, das frühe Aus der deutschen Mannschaft und die allgemeine Zukunft.
Herr Kuntz, gibt es positive Emotionen, die Sie mitnehmen aus Tokio, trotz des sehr frühen Scheiterns Ihrer Mannschaft?
Stefan Kuntz: Unterschiedlich. Was wir auf jeden Fall mitnehmen sollten, zu solch einem Turnier darf und kann man nicht unvorbereitet fahren.
Es war, so glaube ich, nicht ganz überraschend, dass drei der vier Europäer so früh ausgeschieden sind. Die Spieler hatten einen anderen Rhythmus, sie steckten noch voll in der Vorbereitung auf die neue Saison. Dazu kommt dann noch, afrikanische und südamerikanische Mannschaften haben teilweise eine feste U23, schon länger. So etwas haben wir gar nicht. So kann man sich insgesamt besser vorbereiten!
Heute schlägst du einfach mit einer völlig frisch zusammengestellten Truppe, nach nur ein paar Trainingseinheiten, nicht einfach jeden Gegner.
Aber: Solch ein Turnier ist auch für viele meiner Spieler eine tolle Erfahrung. Selten bis gar nicht spielen wir gegen viele dieser Mannschaften. Eine tolle Erfahrung.
Man muss außerdem festhalten, diese Spieler haben sich alle zu Olympia bekannt. So gab es überhaupt deutschen Fußball bei diesen Spielen.
Wo sehen Sie die Gründe für das frühe aus?
Stefan Kuntz: Die Spieler sind körperlich in einem Loch, das hat man auch an den Freundschaftsspielen in der Bundesliga gesehen. Die Spritzigkeit und Dynamik holt man sich erst in den letzten Wochen einer Vorbereitung. Dies hat für uns einfach gar nicht gepasst. Das ist aber nur der eine Faktor … dann hatten wir einfach auch nicht genug Spieler. Wir konnten weder taktisch noch personell richtig viel variieren.
Wie empfanden Sie so die Abstellung?
Stefan Kuntz: Puh … nächste Frage. Nein, es handelt sich um egoistische Gründe von Vereinen und teilweise auch von Spielern. Dann spielt die Olympiade auch vom Zeitpunkt her keine große Rolle … so summiert es sich dann.
Was müsste sich in Deutschland ändern?
Stefan Kuntz: Wir könnten uns ja einfach ans Gentlemen Agreement halten, dass jeder Verein sich an die Absprachen hält und Spieler für so ein Turnier abstellt.
Natürlich muss man auch die Vereine verstehen, es haben viele Trainer und Spieler gewechselt. Es gibt also offensichtliche und auch nachvollziehbare Gründe. Um das Problem zu umgehen müsste es folglich eine Abstellungspflicht geben, wie bei den Länderspielen auch. Aber so etwas ist illusorisch. Es hängt also davon ab, wie viele Leute in entscheidender Position daran interessiert sind, dass eine gute Mannschaft für Deutschland zu den Olympischen Spielen am Ende fährt.
Wie haben Sie diese Spiele wahrgenommen?
Stefan Kuntz: Wir im Fußball waren ja die Bedingungen durch die Pandemie schon gewohnt … dass die sein müssen, müssen wir nicht weiter thematisieren. Natürlich will man, wenn man bei Olympia ist, auch etwas von diesem Spirit und Flair erleben, eben was die Spiele so besonders macht. Auch Land und Leute treffen … das war praktisch unmöglich. Wir waren insgesamt nur zweimal im Dorf bei den Athletinnen und Athleten, haben dadurch ein bisschen von dieser Atmosphäre genießen dürfen. Das war fantastisch. Ansonsten durften wir uns nur in unseren Hotelgängen richtig bewegen. und wir durften beispielsweise auch gar nicht vor dem Hotel raus. (DSM/TX)
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