Pauline Grabosch: „Eine „Große“ sein, die den „Jüngeren“ etwas mitgeben kann“.
Die Mutter war Leichtathletin und der Vater war Kanute … herausgekommen ist mit Pauline Grabosch eine erfolgreich Bahnradsportlerin. Die 23-jährige Magdeburgerin ist vierfache Junioren-Weltmeisterin und feierte 2018 den WM-Titel im Teamsprint, an der Seite von Kristina Vogel und Miriam Welte. Doch Pauline Grabosch hat nicht nur besondere Qualitäten im Velodrom, wie das Interview mit „sportflash.online“ aufzeigt.
Pauline, was macht Dein Chinesisch? Konntest Du den Lockdown wenigstens zum vertiefen Deiner Fremdsprachenkenntnisse nutzen?
Pauline Grabosch: Leider muss ich gestehen, dass ich das Chinesische erstmal auf Eis legen musste. Beim Lockdown war für mich, als Olympiakader, nicht viel Zeit neben Studium und intensivem Training. Wie sagt man so schön: „Aufgeschoben, nicht aufgehoben“. Aber Fremdsprachen kann man ja auch immer üben, wenn man auf andere Mitsportler trifft beziehungsweise sich über Social Media austauscht
Nun bist Du nicht Dolmetscherin, sondern Bahnradsportlerin. Wie konntest Du im Lockdown Deinem Sport, Deiner Passion nachgehen? Die Bahnen waren ja auch eine ganze Zeit geschlossen …
Pauline Grabosch: Ich hatte das große Privileg und durfte am Olympiastützpunkt Erfurt und auch Cottbus weiter trainieren. Natürlich musste viel angepasst werden, um die Pandemie-Maßnahmen optimal umzusetzen. Natürlich stand die Gesundheit aller im Vordergrund. Als Olympiakader war lange gar nicht klar, ob die Spiele 2020 stattfinden oder nicht. Da versucht man trotzdem fokussiert zu bleiben und weiter hart zu trainieren. Ich bin wirklich dankbar für alle Sportler, Trainer und auch alle im Hintergrund, die all dies möglich gemacht haben.
Was steht in einer normalen Trainingswoche bei Dir an?
Pauline Grabosch: Mein Training ist sehr vielfältig! Ich trainiere viel im Kraftraum, natürlich auch auf der Bahn und der Straße. Die Schwerpunkte unterscheiden sich immer und es wird nie langweilig.
Es kommt natürlich darauf an, in welcher Trainingsphase man sich befindet. Mein Trainer variiert die Trainingsmethoden regelmäßig, denkt sich ständig neue Dinge aus, um das Beste aus mir herauszuholen.
Im Jahr 2018 wurdest Du mit Kristina Vogel und Miriam Welte Weltmeisterin im Teamsprint. Zu diesem Zeitpunkt gab es kaum bessere auf der Bahn. Was hast Du als junge Sportlerin von den Olympiasiegerinnen gelernt? Was nimmt man generell von solchen Ikonen mit?
Pauline Grabosch: Ich habe meine ersten Erfahrungen mit dem großen Erfolg, dem Weltmeistertitel, und natürlich auch Misserfolge mit ihnen teilen dürfen. Ich war und bin sehr dankbar, dass wir in Deutschland so starke Sportlerinnen haben.
Was ich von den beiden gelernt habe ist, dass jeder nur mit Wasser kocht und man auch ein normaler Mensch bleibt, selbst wenn man eine Goldmedaille um den Hals trägt. Was mir an der Stelle sehr wichtig ist, dass jeder seinen eigenen Weg finden sollte. Ich möchte gern später eine „Große“ sein, die den „Jüngeren“ etwas mitgeben kann … und zwar nicht nur sportlich, sondern auch menschlich!
Hat es Dich eigentlich genervt, als Du in der Trainingsgruppe mit Miriam Welte warst und viele haben in Dir schon die nächste Kristina Vogel gesehen? Deine Erfolge im Nachwuchsbereich sprachen für diese These.
Pauline Grabosch: Natürlich war das alles kein Zuckerschlecken, wenn man solche erfolgreichen Sportlerinnen im Team hatte, aber man sollte es viel mehr als Ansporn beziehungsweise Motivation sehen. Als junge Sportlerin muss man sich zunächst beweisen und ruhig bleiben, auch wenn es schwerfällt.
Wie reagierst Du so auf Druck?
Pauline Grabosch: Ich glaube, dass jeder erst einmal wissen sollte, wie sich das Gefühl von Druck anfühlt, damit man einen eigenen Weg findet, um damit umgehen zu können. Eigene Routinen, mentales Training sowie der Austausch mit meinem Trainer, meiner Familie und meinen engsten Freunden helfen mir sehr.
Wie gehst Du ein Rennen an? Liebst Du es das Renngeschehen zu bestimmen oder agierst Du strategisch aus der Situation heraus …
Pauline Grabosch: Ich bin eher jemand, der in der Situation handelt.
Der Höhepunkt im letzten Jahr sollten die Olympischen Sommerspiele werden. Durch die Pandemie wurde Tokio um ein Jahr verschoben. War die Absage ein Problem? Fehlte Dir Dein Ziel?
Pauline Grabosch: Das Jahr 2020 war schon ein äußerst außergewöhnliches Jahr, aber für uns alle. Natürlich wirft es alle Sportler aus der Bahn beziehungsweise aus dem Plan, auch mich. Aber ich musste schnell umschalten und mir kleine Ziele im Trainingsalltag setzen. Man wächst an der Situation und versucht Tokio trotzdem als Fokus zu sehen. Ich bin noch jung und habe noch Potential für weitere Olympische Spiele, auch wenn das ein schwacher Trost ist.
Jetzt hoffen wir, Tokio findet in diesem Jahr wirklich statt. Du warst 2020 eine große Hoffnung. Und 2021? Was möchtest Du erreichen?
Pauline Grabosch: Die Erfolge bei der WM 2020 haben, mein Trainer und ich, uns hart erarbeitet. Ich denke in kleinen Schritten und mein Ziel ist im Moment die finale Qualifikation für die Olympischen Spiele, aber man darf nicht vergessen, dass es dieses Jahr noch eine WM gibt. Mit dem fun fact dazu, dass das erste Mal in der Geschichte der Teamsprint der Frauen zu dritt gefahren wird. Ich muss aber neidlos anerkennen, dass ich in einer sehr starken Nation trainiere und wirklich alles für eine Medaille tun werde!
Wenn der Wettkampf näher rückt, hast Du dann gewisse Rituale? Oder hast Du einen Glücksbringer dabei?
Pauline Grabosch: Selbstverständlich. Ich glaube, dass da jeder Mensch seine eigene Routine hat
Pauline, aus einem Gespräch mit Kristina Vogel weiß ich, erfolgreiche Räder bekamen einen besonderen Platz und hatten vor allem immer einen Namen. Wie sieht es bei Dir und Deinen Rennmaschinen aus?
Pauline Grabosch: Ja, von diesem witzigen Ritual habe ich auch schon etwas gehört, aber das ist nichts für mich. Für mich ist es ein Arbeitsgerät, so hart wie es klingt. (TX)
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