Cyril Gautier: „Wenn ich Bagads höre, stehen mir immer die Haare zu Berge“.
Ganze vier Etappen, inklusive dem Grand Départ in Brest, führen in diesem Jahr bei der Tour de France durch die Bretagne. Im Peloton 2021 sind insgesamt zehn stolze Bretonen dabei, fünf von ihnen erzählen in „letour.fr“ Details über ihre Heimatregion. Cyril Gautier ist der erfahrenste. Für den 34-jährigen aus Pabu wird es die zehnten Tour de France sein, zum ersten Mal für ein bretonisches Team: B&B Hotels-KTM.
Cyril, Du bist in Pabu geboren, aber in Plouagat aufgewachsen. Wie muss man sich Plouagat vorstellen, oder was bedeutet es Dir?
Cyril Gautier: Es ist ein kleines Dorf. Ich bin dort aufgewachsen, bis ich 18 Jahre alt war, meine gesamte Schulzeit habe ich dort verbracht. Mein engster Kindheitsfreund lebt immer noch dort. Wir fuhren mit Mopeds um eine Cyclo-Cross-Strecke. Viel zu jung waren wir, um es wirklich zu dürfen, aber wir hatten viel Spaß.
Ich wohne dort nicht mehr, aber ich fahre oft mit dem Fahrrad durch. Meine alte Schule zu sehen, bereitet mir immer in gute Laune.
Ich liebe es, bis zum Cap Fréhel zu fahren, die Straße ist großartig. In die andere Richtung fahre ich jedoch weniger, weil es ein bisschen weiter ist, aber die ganze Côte de Granit Rose in Richtung Lannion ist ein herrlicher Flecken.
Wer ist für Dich der größte Bretone auf dem Rad und was verkörpert für Dich den wahren Geist der Bretagne?
Cyril Gautier: Für mich ist es natürlich Bernard Hinault. Er ist die pure Verkörperung sowohl des Radsports als auch der Bretagne. Er ist ein sturer Typ, der sich nicht scheut, die harte Arbeit zu machen. Er ist nicht immer jedermanns Sache, aber für jemanden wie mich, der aus einer Bauernfamilie kommt, mag ich die altmodische, raue Seite an ihm.
Wenn ich Bagads höre, stehen mir immer wieder die Haare zu Berge. Wir hatten sogar einige traditionelle Musiker bei meiner Hochzeit. Ich weiß nicht viel über die Geschichte hinter der Folklore, aber ich wollte sie mit den anderen Gästen teilen. Um der Party diesen rein bretonischen Touch zu geben, eine Verbindung zurück zu meinen Wurzeln.
In der Bretagne hat der Radsport einen hohen Stellenwert. Dies zeigen nicht nur die Rekordbücher, sondern die vielen Rennen …
Cyril Gautier: Ich weiß gar nicht, woher der ganze Enthusiasmus kommt, aber das Interesse werden einfach von Generation zu Generation weitergegeben. Es braucht viele Freiwillige, um Jugendrennen zu organisieren, die Absperrungen aufzustellen, aber es mangelt niemals an ihnen. Und die Leute an der Strecke, die kommen, um Galettes und Würstchen zu essen, das sind echte Radsport-Kenner.
Auch Deine eigenen Anfänge?
Cyril Gautier: Es war in Locunolé, an der Grenze zwischen Finistère und Morbihan. Ich bin drei Runden vor Schluss alleine losgefahren, die Chancen standen definitiv gegen mich. Aber ich hielt die Verfolgergruppe auf Abstand, komplett allein und in einem gewissen Stil. So mochte ich das Rennen. Es hat so viel Spaß gemacht, ich habe einfach Dinge ausprobiert und mich amüsiert.
In der Bretagne fühle ich mich richtig ausgepumpt, ich bin wieder zu Hause. Jedes Mal, wenn ich nach Plouay fahre, verspüre ich diesen Drang, etwas Besonderes zu leisten. Ich habe Heimvorteil, ich mag Rundstreckenrennen.
Jedes Mal, wenn die Tour de France durch die Bretagne fährt, ist das ein Tag zum Feiern. Nicht verwunderlich, dass die radsportbegeisterte Familie Gautier 1995 beim Prolog in Saint-Brieuc dabei war …
Cyril Gautier: Am Ende der Strecke gab es eine Abfahrt, und wir waren ganz oben auf der Strecke. Ich habe Boardman noch vorbeifahren sehen, auch wenn ich später seinen Sturz nicht gesehen habe. Ich erinnere mich, dass ich klatschnass war, es gab einen großen Sturm. Aber das ist die Tour: Es ist eine große Party, auch wenn es regnet … den Fans ist das egal, und ich war schon mit 9 Jahren einer von ihnen. Ein echter Fan der Tour de France.
Mehr zu Feiern gab es 2011!
Cyril Gautier: Wir fuhren gut 100 Meter von meinem Haus entfernt vorbei, auf einer Straße, die sie dieses Jahr wieder benutzen. Ich wollte in der Ausreißergruppe sein, aber ich habe es nicht geschafft, in die Gruppe zu kommen. Ich war sehr enttäuscht, obwohl ich wusste, dass es ein Sprint werden würde. Ich wollte vorne dabei sein, wenn ich an meinem Haus vorbeikomme. Damit die Leute, die mich kennen, diese Freude haben. Viele haben erst angefangen, sich für Radsport zu interessieren, weil sie meine Nachbarn sind. Und ich weiß, dass in meinem Dorf alle am Straßenrand stehen werden, um mich wieder vorbeifahren zu sehen.
Cyril, welche Erwartungen hast Du für 2021?
Cyril Gautier: Ich will nicht vorgreifen, aber das Briefing zu der ersten Etappe wird etwas Besonderes sein; wir werden die Hauptrollen übernehmen müssen.
Es gibt drei klare Favoriten für die ersten beiden Etappen: Alaphilippe, Van der Poel und Van Aert werden alle dabei sein, also halte ich nicht den Atem an. Aber gewisse Umstände können eine Rolle spielen. Ich habe immer gehofft, dass ich eines Tages eine Etappe bei der Tour gewinnen werde; ich hatte einige gute Zieleinläufe und ich versuche es immer noch. Wenn ich die Bretagne mit einem Etappensieg verlasse, dann „kann ich in Ruhe sterben“, wie Thierry Rolland immer zu sagen pflegte! Ich kenne das Terrain auf der Mur-de-Bretagne sehr gut, diese Etappe ist wie Heimat, und dieser komplette Anstieg bedeutet für uns, also mein Team, sehr viel. (ASO/TX)
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