Prof. Dr. Bernd Giezek: „Frankreich und England sind die großen Favoriten“.
Die Fußball-Europameisterschaft wird wieder die Massen bewegen und so gut wie jeder Fan glaubt zu wissen, wie die Partien ausgehen und wer Europameister wird. Die Realität sieht anders aus … Prof. Dr. Bernd Giezek, Statistik- und Mathematik-Dozent, will den Weg kennen, wie man die Wahrscheinlichkeit des Tipps erhöht. Der geschäftsführende Gesellschafter von SpeedRepeat erklärt die Theorie im Interview.
Herr Prof. Dr. Giezek, ab dem heutigen Freitag rollt der Ball bei der Fußball-Europameisterschaft und Sie behaupten, jeder Mensch kann zum „Tippkönig“ werden! Wenn ich nicht Ihre Vita kennen würde … lassen wir das. Wie sieht denn Ihre Theorie dazu aus? Anders gefragt: Wie sind Sie darauf gekommen?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Das ist ganz einfach. Da ich nie viel Zeit hatte, mich in die Fußballthemen tiefer einzuarbeiten, war ich daher beim Tippen auch nicht wirklich sehr erfolgreich. Also habe ich das getan, was ich kann, die Daten früherer Turniere ausgewertet. Damit verließ ich die Abstiegsplätze der Tipprunden.
Können Sie diese fünf Tipps einmal genauer erläutern?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Auf den Gastgeber setzen, auf die typischen Ergebnisse setzen, auf den UEFA-Koeffizienten schauen und danach setzen, einfach immer auf Deutschland setzen und Fußball ist einfach keine Mathematik.
Auf den Gastgeber setzen: Bei den aktuell bisher 15 Europameisterschaften hat der Gastgeber 13-mal mindestens das Halbfinale erreicht und sogar davon dreimal den Titel gewonnen. Lediglich Österreich und die Schweiz (2008) sowie Polen und die Ukraine (2012) schieden als Gastgeber schon in der Vorrunde aus. Bei dieser EM gibt es sehr, sehr viele Gastgeber, aber der Trend, dass Nationalmannschaften im eigenen Land erfolgreicher sind, bleibt.
Auf die typischen Ergebnisse setzen: Fast 30 Prozent aller Spiele in der Vorrunde der EM 2016 endeten 1:0. Rechnen wir noch ein 2:0 oder 2:1 als Ergebnis hinzu, dann sind es fast zwei Drittel aller Spiele mit allein diesen drei Ergebnissen. Das bestätigen auch die vorherigen Turniere. Im Durchschnitt fielen etwas mehr als zwei Tore pro Spiel bei den vergangenen Turnieren der letzten 20. Jahre.
Auf den UEFA-Koeffizient schauen: Die Mannschaften, die in der UEFA-Rangliste auf den vorderen Plätzen stehen, sind in der Regel bei einer EM erfolgreicher als die Mannschaften auf den unteren Plätzen. Belgien, Spanien, Portugal, Frankreich und natürlich auch Deutschland stehen in der Rangliste sehr weit oben. Problematisch in diesem Turnier ist, dass ausgerechnet mit Portugal, Frankreich sowie Deutschland drei dieser Mannschaften in der Gruppe F sind. Theoretisch können jedoch alle drei Nationen die Gruppenphase überleben.
Deutschland wird (vielleicht) Europameister: Bei professionellen Tippgebern, auf die man immer schauen sollte, sind Frankreich und England die großen Favoriten. Aber dahinter kommen Belgien, Deutschland, Spanien sowie Portugal. Rein rechnerisch könnten wir zumindest wieder in das Halbfinale kommen, aber …
Fußball ist keine Mathematik: Der große Fußball-Philosoph Karl-Heinz Rummenigge aus Lippstadt in Westfalen hat 2007 dieses Axiom aufgestellt. Außenseitersiege sind aus statistischer Sicht sehr unwahrscheinlich, natürlich ist die Freude umso größer, wenn diese wie 2004 mit Griechenland mal eintreffen. Aber am wichtigsten ist der Spaß am Spiel und am Tippen, und wir als Männer dürfen uns auch nicht zu sehr ärgern, wenn die Frauen in der Tipprunde mehr Glück haben. Aus statistischer Sicht sind die Männer nicht signifikant besser.
Die Tipps können sich auch widersprechen? Oder habe ich etwas übersehen?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Wenn es den perfekten Tipp geben würde, dann hätte ich diesen formuliert. Mein Modell basiert auf der Auswertung unterschiedlicher Daten. Das kann auch zu konfliktären Tipps führen.
Hand aufs Herz … Sie würden auf Basis dieser Theorie auch nicht gleich ins Wettbüro rennen? Es ist eher mehr für private Runden?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Ich war noch niemals in meinem Leben in einem Wettbüro. Aber wenn ich online wette, dann mache ich das ähnlich wie die Akteure im Film „Die „Glücksritter“. Ich setze maximal bis zwei Euro pro Wette.
Mir geht es darum, die Strategien zu überprüfen, ohne deswegen viel zu verlieren, aber natürlich freue ich mich über Gewinne. Mein Konto bei einem der Wettanbieter musste ich leider deswegen verlassen.
Bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien haben meine Methoden nachweislich die beiden Halbfinalbegegnungen richtig vorhergesagt, aber, so ehrlich muss man sein, die Statistik hat Deutschland damals nicht in das Finale von Rio kommen lassen. Als Wissenschaftler hat mich das geärgert, als Fußballfan sehr gefreut. Und 2018 war das mit dem Ausscheiden in der Vorrunde genau umgekehrt.
Der theoretische Ansatz für die Praxis ist auch der Ansatz bei SpeedRepeat?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Bei uns gibt es guten Stoff. Das ist unser Ansatz. Das ist SpeedRepeat! Wir versuchen zu erklären, warum es so immens wichtig ist, Daten immer ganz sauber auszuwerten. Gerade die letzten 15 Monate haben gezeigt, wie wichtig es ist, Statistiken zu verstehen und auch hinterfragen zu können. Uns ist es auch wichtig, dass sich unsere viele jungen Kunden dies leisten können. Wer sich unser Angebot anschaut, sieht, wie wichtig uns das bei SpeedRepeat ist.
Wie schaut ein Experte für Statistik eigentlich Fußball?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Ganz normal im Kreis seiner Freunde. Ich werde nur ab und an dafür gedisst, dass ich weniger über das aktuelle Fußballgeschehen weiß, aber trotzdem manchmal mit meinen Tipps besser liege, aber auch scheitere.
Zum Abschluss nehme ich die Abkürzung. Wer wird denn nun Europameister?
Prof. Dr. Bernd Giezek: Aus rein statistischer Sicht siegt Belgien nach einem Sieg gegen Frankreich, aus meinem Verständnis für den Sport gewinnt jedoch Frankreich das Endspiel und mein Herz sagt Deutschland! (TX)
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