Zwischen Propaganda und Corona. Die Olympischen Winterspiele in Peking
Die Kritik an den Olympischen Spielen wurde wie nie zuvor mit der Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2022 durch China in Verbindung gebracht. Das liegt daran, dass seit 2008, als Peking zum ersten Mal den Zuschlag erhielt, alle internationalen Medien Berichte und Kolumnen über China und seine üblichen Propagandaexzesse während der Feiertage und Großveranstaltungen veröffentlicht haben.
Manchmal scheint es, als ob nur wenige Menschen an diese offiziellen Feierlichkeiten glauben oder sie als „normal“ akzeptieren. Bei jedem nationalen Feiertag wie dem Nationalfeiertag am 1. Oktober oder dem letztjährigen Weltfrauenforum Peking 2017 (das vom 5. bis 10. September stattfand) berichten ausländische Medien über Zwangsräumungen von Vierteln rund um Regierungsgebäude, bewaffnete Polizeieinsätze an U-Bahnen und andere überdimensionale Machtdemonstrationen.
Dass Peking diesen Spielen eine so große Bedeutung beimisst und möchte, dass seine Botschaft in der ganzen Welt gehört wird, zeigt sich in der „Belt and Road Initiative“, dem wohl ehrgeizigstem Infrastrukturprojekt. Die Olympischen Winterspiele gelten offiziell als ein Schlüsselelement dieser Initiative, die darauf abzielt, neue Verbindungen über Eisenbahnen, Autobahnen, Pipelines und Schifffahrtswege zwischen Asien, Afrika, Europa und darüber hinaus zu schaffen. Dazu gehört auch Zentralasien, wo sich Länder wie Kirgisistan befinden, ein wichtiger Verbindungspunkt für den Handel mit China.
Zusätzlich zu den sehr schlechten Rankings von internationalen Organisationen wie etwa Transparency International (2017 ist China in der Rangliste der Pressefreiheit in China zurückgefallen auf Platz 176 von 180 Ländern) und Reporter ohne Grenzen (Platz 176 in der Welt), ist China auch bei den internationalen Sportverbänden im Hintertreffen. Jahrelang hat sich China um die Anerkennung als offizielles Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bemüht. Dies gelang schließlich erst Ende der 1990er Jahre, allerdings nur als halbes Mitglied bis 2001.
„Als Peking nach mehreren gescheiterten Versuchen den Zuschlag für die Spiele 2022 erhielt, schien es, als hätte das Land endlich seinen Platz unter den großen Nationalstaaten gesichert“, sagte der deutsche Sportjournalist Stefan Kuzmany kürzlich im Online-Magazin „Tagesschau 24“. „Aber das ist nicht passiert“. Gepaart mit negativer Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen, Zensur und Umweltverschmutzung entstehe ein Gesamtbild, das „für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping nicht sehr vorteilhaft“ sei. „Im Jahr 2022 wird die Aufmerksamkeit der Welt wieder auf China gerichtet sein. Und jetzt versuchen sie, dafür zu sorgen, dass ihre Präsenz im internationalen Sport auch positiv wahrgenommen wird“, schloss Stefan Kuzmany.
Medienberichten zufolge hat China bis zu 40 Milliarden US-Dollar in den Bau oder die Modernisierung von rund 40 Stadien und Trainingseinrichtungen bis 2025 investiert. Im Vergleich dazu: Südkorea gab nur 5 Milliarden US-Dollar für seine Olympischen Winterspiele 2018 aus. Peking will die Welt mit diesen Investitionen von seiner Fortschrittlichkeit überzeugen, vor allem aber die Spiele als Gelegenheit nutzen, sein Umweltimage zu verbessern. Als Teil dieser Bemühungen kündigte es an, den Kohleverbrauch zu reduzieren und die Nutzung alternativer Energiequellen zu fördern. Darüber hinaus hat Peking versprochen, die Luftverschmutzung bis 2022 um 15 Prozent gegenüber 2012 zu reduzieren.
Es ist jedoch kein Geheimnis, dass Pekings Enthusiasmus für den Umweltschutz immer größer war, wenn es um internationale Veranstaltungen ging.
Menschenrechtsverletzungen sind nicht das Einzige, was einen Schatten auf Chinas Olympia-Träume wirft. Berichten zufolge sind in den letzten Wochen mindestens 100 Menschen verschwunden, wahrscheinlich wegen ihrer Kontakte zu ausländischen Menschenrechtsorganisationen oder Journalisten.
„Um es sehr vorsichtig auszudrücken, die chinesische Regierung ist sehr daran interessiert, so weit wie möglich zu kontrollieren, was während der Olympischen Winterspiele zu sehen und zu sagen ist“, sagt Willem Sven Rüst, Sportforscher an der Universität Zürich (UZH). „Es ist nicht so, dass wir auf die chinesischen Bürgerinnen und Bürger zugehen und herausfinden können, was sie wirklich über die politische Situation denken. Das wäre schlicht unmöglich“.
Peking 2022: Eine PR-Kampagne von noch nie dagewesenem Ausmaß!
„Die eigentliche Frage ist, ob die Olympischen Winterspiele mehr sein werden als nur eine gigantische Propagandashow“, sagt Willem Sven Rüst. „Leider ist es sehr gut möglich, dass dies wieder der Fall sein wird“. (BS)
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