Torsten Burmester: „Die Umsetzung von Inklusion ist ein wichtiges Thema“.
Noch bis zum 24. Juni findet in Berlin das größte inklusive Sportevent Deutschlands statt: Die Special Olympics Nationalen Spiele Berlin 2022. Über 4.000 Athletinnen und Athleten werden in 20 Wettbewerben antreten. Torsten Burmester, der DOSB-Vorstandsvorsitzende, spricht über nachhaltige Auswirkungen der Special Olympics Nationalen Spiele Berlin 2022 sowie auch noch der World Games 2023 in Berlin.
Herr Burmester, wie passen denn die Special Olympics in diese Sportwoche in Berlin mit den für sich schon großen Highlights Nationale Spiele, Finals und Sportfest des LSB?
Torsten Burmester: Hervorragend! Die Nationalen Spiele sind für die Athletinnen und Athleten von SOD genauso wichtig wie die Finals für die Leichtathletinnen und Leichtathleten. Sie haben sich lange darauf vorbereitet und sind glücklich, dass sie nach der Pause aufgrund der Pandemie endlich wieder aktiv sein und ihre sportliche Leistung darstellen können. Viele Athletinnen und Athleten dieser Nationalen Spiele gehören zu einer der vulnerablen und damit besonders betroffenen Gruppen, die in den letzten Jahren durch die absolut notwendigen Schutzmaßnahmen noch weniger Optionen zu Teilhabe und Sport hatten. Darüber hinaus geht es den Sportlerinnen und Sportlern bei den Nationalen Spielen noch viel mehr um ihre eigene Sichtbarkeit und Anerkennung in der Gesellschaft. Auch das Familiensportfest des LSB Berlin passt ganz ausgezeichnet zu den Nationalen Spielen, denn viele Athletinnen und Athleten sind mit ihren Familien vor Ort und sind somit ein ideales Beispiel für den gelungenen Familiensport.
Wie wichtig sind die Special Olympics World Games im nächsten Jahr für den DOSB auf dem Weg zu einer möglichen Olympiabewerbung?
Torsten Burmester: Für eine erfolgreiche Olympiabewerbung braucht es primär die Akzeptanz und Begeisterung der Menschen sowie ein gelungenes Konzept für eine solche inklusiv gestaltete und nachhaltig ausgerichtete Großveranstaltung. Und die Verantwortlichen für die Special Olympics World Games haben sich zusammen mit der Senatsverwaltung, den Ministerien sowie vielen Partnern vor allem auch aus der Zivilverwaltung dazu lange Gedanken gemacht und sehr viele tolle Ideen entwickelt. Davon können wir nur profitieren.
Die Special Olympics sind in der Öffentlichkeit nicht besonders bekannt. Wie kann der DOSB helfen?
Torsten Burmester: Die Umsetzung der Inklusion ist schon recht lange ein äußerst wichtiges Schwerpunkthema im DOSB, und die Special Olympics World Games sind eine großartige Gelegenheit, dies darzustellen und auch weiter voranzubringen. Wir haben in der Vorbereitung alle DOSB-Mitgliedsorganisationen und Netzwerke immer wieder einbezogen und Mitwirkungsmöglichkeiten dargestellt. Inklusion geht immer nur zusammen durch Menschen mit und ohne Behinderungen sowie außerdem die allgemeinen und die Behindertensport-Verbände. Wir haben hier einen DOSB-Stand beim Special Olympics Festival, an dem verschiedene Sportverbände beteiligt sind. Unser Team Inklusion informiert täglich über die vielen Möglichkeiten der Inklusion im und auch durch Sport.
Aber es stimmt: Bis auf die Paralympics, die inzwischen auch ein mediales Interesse finden, sind fast alle Sportevents der Athletinnen und Athleten mit Behinderungen und ihrer Verbände viel zu wenig bekannt. Dabei brauchen wir auch über den Sport hinaus die öffentliche Darstellung von Menschen mit Behinderungen samt Potenzial. Da ist noch viel zu tun …
Ein großer Wunsch ist bei den Special Olympics, sich stärker an der Basis mit dem organisierten Sport zu vernetzen, um so mehr Bewegungsangebote für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung zu schaffen. Wie kann Vereine dazu bewegen, inklusive Sportangebote zu machen?
Torsten Burmester: Indem wir Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausbilden und gemeinsam mit Sportverbänden Maßnahmen zur Umsetzung der Inklusion in ihrem Wirkungsbereich starten. Dazu sind wir beispielsweise eine große Kooperation mit der Aktion Mensch eingegangen. Aktuell wurden bereits Projektanträge in Höhe von 2,5 Millionen Euro gestellt. Und mit unserem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mittlerweile geförderten Projekt „Event-Inklusionsmanager*innen im Sport“ werden Menschen mit Schwerbehinderungen in den Sportverbänden hauptamtlich eingestellt, um Sportveranstaltungen inklusiv und barrierefrei zu gestalten. Und dazu tauschen wir uns auch regelmäßig mit den Verantwortlichen in den Sportverbänden aus und Behindertensportverbände unterstützen uns mit ihrer wichtigen Expertise. Die Umsetzung der Inklusion ist ein Querschnittsthema und braucht die Maßnahmen auf allen Ebenen von der Ausbildung der Übungsleiterinnen und Übungsleiter bis hin zu barrierefreien Sportstätten.
Was können die beiden Veranstaltungen, die Nationalen Spiele jetzt und die World Games im kommenden Jahr, bei dem Thema Inklusion in Deutschland insgesamt bewegen?
Torsten Burmester: Ganz viel! Weil wir viel dafür tun müssen, dass es nicht nur ein weiteres Sommermärchen wird. Es geht darum, durch die zwei Events nachhaltige Strukturen des Miteinanders im Sportverein und in der Gesellschaft zu schaffen. Wir werden dieses Jahr noch ein Strategiekonzept zur Umsetzung der Inklusion haben, um viel Schwung erzeugen. (Special Olympics/TX)