Thomas Helmer: „Ich habe gerade „Wonti“ sehr viel zu verdanken“.
Thomas Helmer war vor seiner Karriere im deutschen Fernsehen ein erfolgreicher Fußballer. Neben drei Meisterschaften, zwei DFB-Pokalsiegen sowie einem UEFA-Pokalsieg, alles mit dem FC Bayern München, konnte der einstige Innenverteidiger mit der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 1996 triumphieren. In den vergangenen Jahren moderierte Thomas Helmer den „Doppelpass“, und nun?
Thomas, was machst Du jetzt mit Deinem freien Sonntag?
Thomas Helmer: Als erstes einmal nicht mehr um 6:00 Uhr morgens aufstehen. Das ist schon sehr angenehm. Ich kann dann mit meiner Familie frühstücken und habe es tatsächlich mal wieder geschafft Laufen zu gehen. Puh … man kann sagen ich habe wieder mehr von meiner Familie.
Florian König verfügt über viel Erfahrung, der „Doppelpass“ hat jedoch seine eigene Dynamik. Wie hat sich Dein Nachfolger bisher geschlagen?
Thomas Helmer: Ich muss sagen, Florian ist ein absoluter Profi und bringt sehr viel Erfahrung aus der Formel 1 mit. Natürlich ist der „Doppelpass“ etwas anderes, aber ich traue Ihm das zu. Man hat ja bei mir auch gesagt: „Oh Gott, jetzt übernimmt ein Fußballer“, als ich damals von Jörg Wontorra übernommen habe. Und es ging gut … also, ich sehe das sehr positiv und der Anfang war schon echt gut.
Über Fußball muss Dir wahrscheinlich keiner was erzählen, aber wie war es für Dich, auf „Rudi“ Brückner und Jörg Wontorra zu folgen?
Thomas Helmer: Da muss ich vorwegschieben, dass ich es eigentlich, wenn man ehrlich ist, gar nicht gelernt habe. Ich habe Abitur gemacht und dann war ich Profi. Und die Leute waren, wie ich erwähnte, am Anfang äußerst skeptisch. Aber „Wonti“, Jörg Wontorra möge es mir bitte verzeihen, aber ich nenne ihn immer „Wonti“, hat mir damals viel gezeigt. Er war mein Mentor, der mich wirklich an die Hand nahm und scheinbar habe ich es ja im Nachhinein nicht schlecht gemacht. Aber ich habe gerade „Wonti“ sehr viel zu verdanken!
Wie kam es überhaupt dazu, solch ein Format zu übernehmen?
Thomas Helmer: Ich war als Spieler ein paar Mal in der Sendung als Gast, fand die Idee, das Konzept sehr ansprechend und konnte mir vorstellen nach meiner aktiven Karriere in diese Richtung zu gehen. Und als Profi war ich es gewohnt mir durchaus ambitionierte Ziele zu stecken. So bin ich Nationalspieler geworden. Daher hatte ich mir als Ziel gesetzt, Moderator beim „Doppelpass“ zu werden. Als „Wonti“ aufhören wollte bot sich mir die Gelegenheit und ich hab ohne lange zu überlegen zugesagt. Dass es am Ende dann so lange wird, hatte ich so nicht eingeplant.
Jetzt musstest Du den „Doppelpass“ im letzten Jahr ohne Zuschauer leiten, so ganz ohne Reaktionen aus dem Publikum. Wie war das?
Thomas Helmer: Das war gerade am Anfang sehr, sehr komisch, denn gerade der „Doppelpass“ lebt von den Reaktionen des Publikums. Der Ablauf war gerade in den ersten Sendungen ungewohnt. Als Beispiel: Normalerweise begrüße ich die Gäste, dann mache ich eine Pause und vom Publikum kommt Applaus. Nur da kam nichts … und meine Stimme im Ohr sagte mir: „Thomas, weiter reden“ … wenn man eine Anekdote oder einen Gag machte kam nichts. Es war wirklich eine blöde Zeit und wir sind alle froh, dass dies wohl vorbei ist.
Wie würdest Du als ehemalige Profi, Experte und Moderator eigentlich den „Doppelpass“ beschreiben, den Menschen für den Sonntag empfehlen?
Thomas Helmer: Das Format lebt am Ende von seinen Gästen, den Gesprächen und am Fußball ist doch das schöne, jeder kann etwas dazu sagen. Das ist auch die Idee hinter dem „Doppelpass“ immer schon gewesen. Die Menschen zu animieren, über Fußball zu reden. Ich weiß durch Rückmeldungen, dass viele Zuschauer in den eigenen vier Wänden leidenschaftlich quer durch die Themen selbst diskutieren, und das ist das Ziel. Dazu kommt natürlich auch der Unterhaltungsaspekt. Man darf nie vergessen, wir müssen es schaffen, dass die Leute an jedem Sonntag um 11:00 Uhr ihren Fernseher anschalten und uns über Fußball reden hören wollen.
Wie schon erwähnt, Florian König hat übernommen, aber so ganz hast Du mit dem Format nicht aufgehört. Ab sofort bist Du Gastgeber von „Doppelpass on Tour“. Auf was darf sich das Publikum denn hierbei einstellen?
Thomas Helmer: Man darf als erstes nicht vergessen, es ist ein Bühnenprogramm, also zweimal 45 Minuten mit Pause. Es gibt keine Werbepausen und man hat auch keinen der einen durch die Sendung geleitet. Es geht daher etwas mehr in Richtung der Unterhaltung. Daher die Idee der „Lokal Heros“ und Entertainer. Die Grundidee des „Doppelpass“ soll aber erhalten bleiben, der Talk über Fußball. Der Unterschied ist, dass beim „Doppelpass on Tour“ natürlich deutlich mehr auf den jeweiligen Klub der gastgebenden Stadt eingegangen wird. Dazu sollen auch Anekdoten und Insider für Stimmung und Unterhaltung sorgen. Auch die Interaktion mit dem Publikum wird mehr gesucht als in einer Fernsehsendung.
Wie viele Termine sind denn für diese Saison aktuell schon bestätigt?
Thomas Helmer: Es sind alle angedachten Termine bestätigt und finden statt. Die nächste Show steigt in Bielefeld und dann läuft die Tour wie geplant. Mehr ist noch nicht geplant. Man muss sehen, wie es gefällt. Der Start war sehr gut!
Gibt es die Möglichkeit, den „Doppelpass on Tour“ im Nachgang zu sehen? Die Anhänger eines Klubs haben schließlich nicht immer Zeit!
Thomas Helmer: Die Shows in Mainz und Frankfurt waren Previews, also bewusst ohne Kameras. Danach wird es aber ein Streaming-Angebot geben, so dass man jede Show auch zeitlich versetzt sehen kann.
Wie sehen die weiteren Planungen neben der neuen Show bei Dir aus?
Thomas Helmer: Oh, da gibt es tatsächlich eine Menge. Gerade im Charity Bereich möchte ich mich doch mehr engagieren und bin auch schon in guten Gesprächen. Gerade in meiner Heimatstadt Bielefeld möchte ich das ein oder andere Projekt in der Zukunft nicht nur anstoßen, sondern auch viel aktiver unterstützen.
Als Insider: Entfernt sich der Fußball durch die ständigen Diskussionen ums große Geld und noch mehr Geld nicht von der Basis?
Thomas Helmer: Ich sehe es auch sehr kritisch. Nicht nur die Diskussion um immer schneller oder weiter steigende Gehälter, auch die Problematik für den Fan. Wenn man bedenkt, dass ein Trikot samt Beflockung heute locker im dreistelligen Bereich liegt, oder dass man für das Erlebnis Stadion mit Karte, Bier und Wurst ganz schnell 50 Euro ausgibt, dann ist das schon Wahnsinn. Wenn ich überlege, als Kind stand ich für 5 D-Mark in Bielefeld auf der Tribüne … die Entwicklung ist schon sehr, sehr kritisch zu sehen und man muss sich bezüglich der Entfremdung vom Volkssport Fußball wirklich Gedanken machen.
Was können wir als Fans von der Saison 2021/22 denn erwarten?
Thomas Helmer: Das ist wirklich eine gute Frage. Was erwarte ich? Besser gesagt: Ich hoffe, Dortmund und Leipzig werden in der Lage sein, den Druck auf die Bayern zu erhöhen und dass das Meisterschaftsrennen länger spannend bleibt. Ansonsten hoffe ich natürlich, dass meine Bielefelder drin bleiben, dass wird schwierig genug. Puh … nein, ansonsten habe ich eigentlich keine großen Erwartungen.
Abschließend und die Frage muss sein: Wie oft wirst Du eigentlich heute noch auf das legendäre „Phantomtor“ angesprochen? Und ist es nicht schade, nach so einer Karriere auf diese Szene reduziert zu werden?
Thomas Hellmer: Noch sehr oft. Gut, man muss aber auch sagen, zu einer großen Wahrscheinlichkeit wird es eine einmalige Sache in der Geschichte der Bundesliga bleiben. Ich habe falsch reagiert, das weiß ich heute auch. Natürlich nervt es, aber solange ich nicht nur auf diese Szene reduziert werde und auch andere Sachen eine Rolle spielen kann ich damit leben. (LB/TX)
Sie müssen eingeloggt sein, um ein Kommentar abzugeben.