Michael Hirsch: „Ich habe das gespaltene Bild“.
„Sprenger spricht“ … diesmal mit Michael Hirsch. Der Musiker ist der Verfasser der Vereinshymne vom KEC, also der Kölner Haie. Als Sänger mit „Hanak“ im Kölschen Karneval, als Fan vom 1. FC Köln und Sympathisant der Kölner Haie ist Michael Hirsch diese Saison gleich dreimal gebeutelt. Der „sportflash.online“-Reporter Christian Sprenger sprach mit dem muszierenden Fan nach dem Aus der Haie in der DEL …
In Köln konnte man kein Karneval feiern, beim 1. FC Köln sieht es düster aus und die Kölner Haie haben sich nicht für die DEL-Playoffs qualifiziert. Michael, Dich trifft das wirklich dreimal. Warum?
Michael Hirsch: Ich bin Karnevalssänger, das hat mich getroffen. Zweitens bin ich FC-Fan und Mitglied, dazu KEC-Anhänger und in dem Verein involviert. Aber noch lache ich …
Du bist Mitglied der Gruppe „Hanak“. Kurz, damit jeder Bescheid weiß, eher Musikrichtung Rock?
Michael Hirsch: Von allem etwas. Ich schreibe Musik aus dem Herzen. Das kann mal so und so sein. Ich bin da sehr breit aufgestellt. Ich liebe Musik!
Wie sehr hat die Pandemie Euch als Band getroffen?
Michael Hirsch: Volle Breitseite hat es uns erwischt. Ich bin einer von denen, die damit ganz schön zu kämpfen hatten. Aber man muss aus der Situation das Beste machen. Allerdings hatten wir jetzt über ein Jahr schon Stillstand.
Du hast gesagt, dass Du beim KEC involviert bist. Was machst Du bei den Haien?
Michael Hirsch: Wir schlagen hier direkt die Brücke zwischen Musik und Sport. Ich singe die Hymne der Kölner Haie. Ich bin das musikalische Gesicht unseres DEL-Eishockeyklubs in Köln. Da bin ich auch sehr stolz drauf. Das ist eine schöne Szene und Eishockey ist ein wunderbarer Sport, den ich seit meinem sechsten Lebensjahr intensiv verfolge. Irgendwann wurde ich mal gefragt, ob ich das machen möchte. Da habe ich mich nicht zweimal bitten lassen und habe die Hymne der Kölner Haie umgesetzt, die ich gerne und mit Inbrunst singe.
Keine Zuschauer beim KEC. Durftest Du denn live singen?
Michael Hirsch: Nein. Es wurde auf ein Minimum heruntergefahren. Der Staff, der logischerweise für eine Durchführung des Spieltages notwendig ist, durfte vor Ort sein. Alle anderen durften nicht in der Halle sein. Ich bin aber auch dafür da, um die Stimmung bei Zuschauern zu erzeugen, um die Gesamtatmosphäre zu bereichern. Und da war ja nichts. Die haben sich rein um den Sport gekümmert, sind aufs Eis gegangen und haben ihren Job gemacht.
Es ist aber berührend, denn die Hymne wird ja gespielt. Hast Du als Künstler außer Tränen in den Augen etwas davon?
Michael Hirsch: Es kommt immer auf die Konstellation an, wie die Songs gebaut sind. Aber in dem Fall nicht wirklich … Tränchen im Auge, weil man es nicht live erleben kann. Im Moment ist es eher die Trauer, dass man diese Saison gar nicht dabei sein konnte.
Böse formuliert … dann ist es nicht so schlimm, dass man in den Playoffs die Hymne nicht mehr gespielt wird …
Michael Hirsch: Na ja, es war nicht so schlimm wie letztes Jahr, denn da hat es sehr weh getan. Da war die Leistung aber auch unterirdisch. Dieses Jahr habe ich das gar nicht so empfunden, weil man von vorne herein diese Saison auch anders angegangen ist. Wir haben eine andere Saison von den Kölner Haien gesehen. Und dazu haben es die rheinischen Rivale nicht besser gemacht … dann tut es nicht ganz so weh, weil es Düsseldorf und Krefeld auch nicht geschafft haben.
Es gab im Vorfeld Sonderaktion. Die Fans verzichteten auf Geld bezüglich der Dauerkarten. Die Spieler verzichteten auf Teile des Gehalts. Manchmal denke ich, dass bei den ganz großen im Fußball nichts von der Krise angekommen ist. Die Kleineren, wie beim Eishockey, trifft es dann schon richtig hart.
Michael Hirsch: Ich habe das gespaltene Bild. Grundsätzlich sehe ich es positiv, dass wir Sport im Fernsehen sehen können. Das hat auch mich etwas über Wasser gehalten, da ich sportinteressiert bin und auch Leistungssportler gewesen bin. Aber man muss sich auch langsam fragen, auf welchem Rücken das alles ausgetragen wird. Wir diskutieren darüber, ob bei der Fußball-Europameisterschaft die Zuschauer zugelassen werden, was die UEFA schon fordert. Das sind für mich Forderungen, die unter aller Würde sind. Das kann man nicht machen. Im Vergleich zum Fußball hat Eishockey schon das eine oder andere Zeichen mehr gesetzt. Da ist es näher an der Realität. Das macht den Eishockeysport auch so schön, so interessant und so publikumsnah.
Bleiben wir in Köln und gehen zum FC … da wird dann einfach mal von selbst die Stadionmiete gekürzt. Beim Eishockey hört man so etwas nicht. Da wird sich zusammengesetzt und überlegt, wie das funktionieren kann.
Michael Hirsch: Das war ein Riesenthema. Denn die LANXESS-Arena in Köln hat ja auch Probleme. Das darf man ja nicht vergessen. Man hat Gespräche gesucht. Wie es jetzt beim FC gelaufen ist, weiß ich nicht. Aber beim Fußball findet alles auf einer anderen Ebene statt.
Manchmal hat der Fußball eine komplett andere Ansicht, die mich als Fan auch immer eine größere Distanz aufbauen lässt. Früher habe ich jeden Kick geschaut, heute lass ich Spiele aus, wo ich denke, dass ich die eigentlich gucken müsste. Geht es Dir auch so?
Michael Hirsch: Ein Stück weit ja. Es macht unsympathisch, wenn im Fußball rein kapitalistische Entscheidungen gefällt werden, siehe Fußball-WM in Katar und die Menschenrechte. Der Fußball ist eine rein kapitalistische Geschichte, König Fußball ist ein privatisiertes Geschäft. Die Jungs gehen aber auf den Platz, um Fußball zu spielen. Sie lieben ihren Sport. Aber als Fan ist es schwierig, den Fußball mit der kindlichen Naivität so zu lieben, wie man es mal getan hat.
Denkst Du, wenn mal irgendwann Zuschauer wieder in die Stadien dürfen, dass es so sein wird, wie früher?
Michael Hirsch: Das glaub ich nicht. Ich bin nicht der Meinung, dass die Menschen sich gar keine Gedanken mehr machen. Ja, wir Menschen vergessen immer schnell, aber ich glaube, aufgrund der Thematik, die wir jetzt schon im zweiten Jahr erleben, werden andere Testverfahren eingeführt werden müssen. Ich glaube auch nicht, dass es die letzte Pandemie oder das letzte Virus sein wird, was uns so erschreckt. Durch die Globalisierung gibt es die Möglichkeit, dass so etwas einfach schneller passiert. Wir werden uns grundsätzlich umstellen müssen. Ich glaube schon, dass die Menschen Sicherheit genießen wollen, wenn sie ins Stadion gehen wollen. Wir werden keine direkte Blauäugigkeit erleben, wenn es wieder losgeht. Das wird wohl alles dann systematisch und langsam aufgestockt.
Dann wird wieder mit allen gesungen …
Michael Hirsch: Und darauf freue ich mich sehr! Aber auch auf guten Sport, den ich Moment in Köln ein wenig vermisse …
Beim Eishockey hat man relativ wenig Jammerei von Trainern gehört. Wenn man mal Uwe Krupp bei den Haien mit „Hansi“ Flick bei den Bayern vergleicht. Oder habe ich das überhört?
Michael Hirsch: Da sind wir wieder beim Unterschied zwischen Eishockey und Fußball und bei den unterschiedlichen Möglichkeiten in den beiden Sportarten. Die Eishockeytrainer wissen auch, was sie für Möglichkeiten haben und was nicht. Als Uwe Krupp in Köln angefangen hat, war ihm auch klar, dass er für zwei Jahre nicht den Etat wie die Adler Mannheim hat. Aber Uwe Krupp ist auch im Herzen Kölner. Er ist ja auch zurückgekommen, weil er die Stadt und den Verein liebt. Ich hoffe, wir geben ihm die Zeit, zum Beispiel auch um die Jugendspieler zu entwickeln und um die Haie wieder aufzubauen, dann ist das eine große sportliche Liebe. Aber einen Fußballtrainer mit einem Eishockeytrainer zu vergleichen? Das geht nicht. Und die Kölner Haie mit dem FC Bayern sowieso nicht … Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht; selbst der FC Bayern mit dem 1.FC Köln …
Nenne mir einen Eishockeytrainer außer „Vulkan“ Hans Zach, der mal Schlagzeilen generiert hat. Im Eishockey ist es immer sehr ruhig, die Jungs machen ihren Job und es geht nur auf dem Eis zur Sache. Und das ist gut so! (CSP)
Foto: Michael Hirsch Copyright Hanak
Sie müssen eingeloggt sein, um ein Kommentar abzugeben.