Matthias Wendel: „Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden“.
Ab 20:00 Uhr, wenn das erste Bully in der zweiten „Best-of-Seven“-Runde der DEL2-Playdowns gespielt wird, geht es für die Bayreuth Tigers gegen die Tölzer Löwen um den Klassenerhalt. Wie schon in der Saison 2017/2018. Und auch wenn es für eine abschließende Beurteilung der DEL2-Saison 2021/2022 noch zu früh erscheint, zieht Matthias Wendel, Geschäftsführer der Bayreuth Tigers, eine knallharte Bilanz.
Herr Wendel, nach der Hauptrunde, die in die Playdowns mündete, muss man davon sprechen, dass das Saisonziel verfehlt wurde.
Matthias Wendel: Ganz klar: Wir sind definitiv mit anderen Ansprüchen gestartet und hatten aus unserer Sicht einen Kader zusammengestellt, der die Pre-Playoffs erreichen kann, wenn nicht sogar muss.
Wie groß ist die Enttäuschung, dass es letztlich doch nicht funktioniert hat?
Matthias Wendel: Natürlich ist die Enttäuschung riesig. Bei allen, die es mit den Tigers halten und die, in welcher Form auch immer, für die Tigers aktiv sind. Auch bei mir persönlich. Man arbeitet mit Herzblut, oft an der Grenze des Belastbaren und unter schwierigen Voraussetzungen … und verpasst dann die Belohnung, wenn man das so ausdrücken mag.
Nach dem 15. Spieltag standen die Tigers auf dem fünften Platz. Im Anschluss ging es sukzessive weiter nach unten, was um den 30. Spieltag herum in die Playdown-Ränge geführt hat, die man dann auch nicht mehr verlassen hat. Wie ist diese negative Spirale überhaupt zu erklären?
Matthias Wendel: Das ist schwer zu erklären. Bis zum angesprochenen Zeitpunkt hat die Mannschaft zum Teil hervorragendes Eishockey gezeigt. Die Performance bis dahin ging dann aber verloren und konnte in der Folge zu keinem Zeitpunkt mehr konstant aufs Eis gebracht werden. Vielleicht hat zu der Zeit die Chemie zwischen Team und Trainer nicht mehr gestimmt.
Die Trennung von Petri Kujala kam im Januar nach einer schwachen Leistung gegen Kaufbeuren, die beim 1:5 im „Tigerkäfig“ leichtes Spiel hatten. Zu spät?
Matthias Wendel: Im Nachhinein betrachtet muss man wohl sagen, dass wir früher hätten reagieren müssen. Wir haben beim Kampf um die Pre-Playoffs sehr wertvolle Punkte liegengelassen.
Robin Farkas hat, nachdem es zu seinem Einstand zwei Niederlagen setzte, etwas Stabilität reingebracht. Wie zufrieden sind Sie?
Matthias Wendel: Robin macht einen guten Job. Er musste sich erst einfinden und mit allem vertraut machen. Er hatte und hat natürlich auch das Problem, dass durch die COVID-Ausfälle oder Verletzungen ihm selten der gleiche Kader zur Verfügung stand. Oft konnte man erst am Spieltag selbst wissen, welche Jungs am Abend aufs Eis gehen können. Dazu war durch den Zwei-Tages-Rhythmus ab Februar auch kaum noch reguläres Training möglich.
Oftmals waren ganze Standorte in Quarantäne. Bayreuth hat „durchgezogen“, wenn man das so ausdrücken will.
Matthias Wendel: Wir haben engmaschig, um genauer zu sein, täglich getestet. So konnten wir frühzeitig erkennen, wenn jemand positiv war und den entsprechenden Akteur separieren und die restlichen Jungs per PCR testen lassen. Im Prinzip haben wir damit die Vorgaben der Liga umgesetzt. Dadurch hatten wir aber auch, wie fast kein anderes Team in der Liga, keine Spielpause für die ganze Mannschaft, in der man sich ohne Symptome hätte etwas erholen können. Ich will nicht von „Verheizen“ der Jungs sprechen, aber optimal war das alles nicht. Im Nachgang betrachtet war vielleicht auch das ein Fehler.
Eine erneute „COVID-Saison“ liegt fast hinter Ihnen und der Organisation. Es werden Stimmen laut beziehungsweise wird in sozialen Netzwerken spekuliert, dass es finanziell bei dem einen oder anderen Verein knapp werden könnte. Wie sieht es in Bayreuth aus?
Matthias Wendel: Hierüber muss sich in unserem Fall niemand Sorgen machen. Natürlich müssen wir unsere Hausaufgaben machen und entsprechend mit unseren Finanzen haushalten. Wir kämpfen um jeden Zuschauer, um Sponsoren und geben nur Geld aus, das auch wirklich vorhanden ist. Wir profitieren natürlich, wie andere Profispielbetriebe auch, von Ausgleichzahlungen, die jedoch zum Teil über Monate durch uns vorfinanziert werden müssen.
Sie sprechen Fans und Zuschauer an. Auch in dieser Saison musste man in Bayreuth mit „Geisterspielen“ leben.
Matthias Wendel: Was die Situation um den Spielbetrieb nicht leichter macht. Es gibt hier zwei Aspekte. Einerseits verliert man natürlich Einnahmen, die durch die Eintritte, Catering oder Fanartikel in den Jahren vor der Pandemie generiert werden konnten und jetzt teilweise weggefallen sind. Zum anderen betrachtet man auch die sportliche Seite. Um dies zu verdeutlichen: Wir haben insgesamt sieben Heimspiele komplett ohne unsere Zuschauer bestritten, sechs davon gingen verloren. Von den restlichen Spielen, die mit Fans stattgefunden haben, gingen neun Spiele verloren und zehn Spiele wurden gewonnen. Anders ausgedrückt: Mit Zuschauern haben wir knapp 53 Prozent unserer Heimspiele gewonnen, ohne nur rund 14 Prozent. Das ist ein sehr deutlicher Unterschied!
Bei der vergangenen Serie hatte man den Eindruck, dass die Selber-Fans die Stimmung vorgeben haben …
Matthias Wendel: Selb hat traditionell eine starke Base und viele Auswärtsfahrer. Ja, die haben gut Stimmung gemacht. Bei der ganzen Diskussion kommen mir aber die Fans der Tigers ein bisschen zu schlecht weg, was daran liegen mag, dass man sich von Selber Seite auch hier als Sieger fühlt und sich feiert. Das ist auch völlig okay und legitim. Zudem muss man auch hier die Einschränkungen durch COVID-19 und gesamten Maßnahmen sehen.
Bei den Publikumszahlen in den Playdowns, zieht man die Selber-Anhänger ab, kam trotzdem genug aus Bayreuth.
Matthias Wendel: Ja, Selb zieht natürlich. Wir suchen aber auch das Gespräch und sind seit geraumer Zeit in regelmäßigem Kontakt mit den einzelnen Fanclubs oder mit den Fanbeauftragten.
Die Serie gegen Selb, der Erzrivale, ging verloren. Wie haben Sie es gesehen?
Matthias Wendel: Vermutlich wie viele andere auch. Es nützt aber nichts sich jetzt weiter zu ärgern. Analysieren werden wir nach der Saison. Wir konzentrieren uns ab sofort auf die Serie gegen Bad Tölz.
Analog zu den Spielen gegen die Selber Wölfe konnten auch die Tölzer Löwen in der Hauptrunde drei Mal besiegt werden. Vorteil?
Matthias Wendel: Wenn ich ehrlich sein soll, interessiert mich das überhaupt nicht. Alles Vorausgegangene ist unwichtig. Wir konzentrieren uns auf die im Augenblick vor uns liegende Aufgabe.
Kann man schon ahnen, wie stark sich das Team zur neuen Saison verändert?
Matthias Wendel: Hierzu gehen wir recht zeitnah im Anschluss an die Saison an die Öffentlichkeit. Im Augenblick ist hier nicht der richtige Zeitpunkt. Wir werden in der kommenden Spielzeit auf jeden Fall versuchen, noch mehr zu kommunizieren, aber auch hierzu äußern wir uns noch.
Herr Wendel, vielen Dank für das Gespräch. Es bleibt nur noch viel Glück und Erfolg zu wünschen für die Serie gegen Bad Tölz!
Matthias Wendel: Danke! Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden, wenn alle 100 Prozent Vollgas geben … die Jungs auf dem Eis wie auch unsere Fans. Wie dringend diese Unterstützung nötig ist, haben nicht nur die Spiele gegen Selb gezeigt, sondern insbesondere auch die Reaktion von zwei unserer Jungs im fünften
Spiel, die mit ihren Aktionen ganz gut demonstriert haben, dass sie diesen Push brauchen und einfordern. (Bayreuth Tigers/TX)
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