David Gaudu: „Familie und Freunde am Straßenrand zu sehen, ist wunderbar“.
Ganze vier Etappen, inklusive dem Grand Départ in Brest, führen in diesem Jahr bei der Tour de France durch die Bretagne. Im Peloton 2021 sind insgesamt zehn stolze Bretonen dabei, fünf von ihnen erzählen in „letour.fr“ Details über ihre Heimatregion. David Gaudu ist in Landivisiau geboren und erstmals führt der 24-jährige Spezialist für das bergige Terrain das Team Groupama-FDJ als Chef in eine Tour de France.
David, Du wirst scherzhaft auch als Verräter bezeichnet. Wie siehst Du dies … bist Du nun Bretone oder Franzose?
David Gaudu: Ich bin Bretone und Franzose. Es funktioniert in beide Richtungen, und ich bin immer sicher, dass ich das deutlich mache, wenn ich mich vorstelle. Es ist fast so, als hätte ich eine doppelte Staatsbürgerschaft.
Früher habe ich in Landivisiau gelebt und jetzt lebe ich in Quintin, im Departement Côtes d’Armor. Ich bin nicht wirklich ein Verräter, denn meine Eltern stammen aus Côtes d’Armor. Sie sind wegen der Arbeit ins Finistère gezogen, also wurde ich dort geboren, aber alle Ursprünge meiner Familie liegen im 22.Departement.
Mittlerweile bist Du etwa 20 Kilometer von Saint-Brieuc angekommen …
David Gaudu: Ich habe immer gesagt, dass ich mein eigenes Haus bauen würde, sobald ich einen Job hätte, und das habe ich dann auch getan, als ich meinen ersten Profivertrag unterschrieb. Ich war gerade unterwegs, als ich ein Schild sah, auf dem ein Grundstück zum Verkauf stand. Ich ging hin, um es mir anzusehen und verliebte mich einfach in das Grundstück. Es ist nur einen Kilometer von dem Ort entfernt, an dem meine Mutter aufgewachsen ist. Obwohl ich, als ich klein war, es hasste, zum Haus meiner Großmutter zu gehen, weil es dort so langweilig war. In Wirklichkeit liebe ich dieses Dorf.
Die Beschreibung von Quintin durch den berühmtesten Botschafter der Stadt verweist auf tolle Trainingsstrecken!
David Gaudu: Mein Haus liegt auf einem kleinen Hügel mit Blick auf die Burg und die Kirche. Es ist sehr ruhig. Aber für mich ist die schönste Gegend das Cap Fréhel und die Burg Fort la Latte. Wenn ich dorthin fahre, liegt das alles direkt vor mir. Es ist eine fünfstündige Fahrt, voller Anstiege und Abfahrten entlang der schönen sowie gleichzeitig wilden Küste. Jedes Mal, wenn man den Kamm eines Hügels erreicht, bekommt man einen Blick auf den nächsten Strand entlang. Wunderbar!
Was macht für Dich einen echten, einen ganz typischen Bretonen aus?
David Gaudu: Meine Eltern sind echte Bretonen, ihre Werte sind bei mir eingeimpft. Wenn ich so stur bin, wie ich bin, dann verdanke ich das nur ihnen. Mein Vater ist schlimmer als ich, viel schlimmer.
Es gibt Bretonen auf der ganzen Welt und sie zeigen ihre Herkunft, auch wenn sie weit weg sind. Ich reise beruflich recht viel und habe überall Gwenn-ha-du-Fahnen gesehen, sogar bei der UAE-Tour. Ich bin mir sicher, dass es bei der Olympiade in Tokio ein paar am Straßenrand geben wird, Pandemie hin oder her!
Was bedeutet der Radsport für die Region?
David Gaudu: In erster Linie muss man beeindruckt sein von der schieren Anzahl an Rennen. Von der Kadettenebene an sind die Optionen riesig. Im Sommer kann man sieben Mal pro Woche Rennen fahren.
In jedem Café in der gesamten Region kann man immer mit jedem Menschen über den Radsport sprechen, aber alles kommt schnell auf Bernard Hinault zurück.
Was ist Deine ersten Erinnerungen an die oder an eine Tour de France?
David Gaudu: Es war damals in Le Tourmalet, wohin wir als Familie gefahren sind. Die ganze Familie war dort an der Strecke.
Bei meiner ersten Tour de France 2018 habe ich mich auf die Etappe der Mûr-de-Bretagne gefreut, das war mein Tag. Ich kenne die Straßen bis in die kleinste Kurve, ich war wirklich auf heimischem Terrain. Es war gegen Ende der ersten Woche, da war es dann schon etwas weniger stressig. Und während der Etappe wussten wir, dass sie an den Anstiegen entschieden wird, also fuhren wir wie im Training, wenn auch mit Nummer am Hintern. Mehr als alles andere sind es diese Leute, die deinen Namen skandieren! Deine Familie und Freunde am Straßenrand zu sehen, das ist wunderbar. Meine Eltern waren in Kerfaven, ich war emotional, als ich sie sah.
David, in diese Tour gehst Du erstmals als Chef des Teams und Du hättest vier Chancen, Bernard Hinault zu beerben. Seit 1985 hat kein Bretone mehr eine Etappe in der Heimat gewonnen. Ein Ziel?
David Gaudu: Das wäre absolut unglaublich, besonders auf der Mûr-de-Bretagne. Ich wohne 20 Kilometer entfernt und es ist unser Alpe d’Huez. Man kann nie wissen, denn es ist ein Pokerspiel am Anstieg, es ist unmöglich zu wissen, was passieren wird. Alexis Vuillermoz hat dort gewonnen, Dan Martin hat gewonnen, beide Male waren sie nicht die großen Favoriten. Aber sie haben beide an der gleichen Stelle angegriffen, einen Kilometer vor der Ziellinie! Wir wissen, dass es davon abhängt, was der Wind am Schlussanstieg macht, denn da besteht die Gefahr, dass man ausbrennt. Auf jeden Fall, wenn ich gewinne, werde ich wohl weinen. Ich möchte meinen guten Start in diese Saison fortsetzen. Ich habe es geschafft, mich mit den Besten zu messen und einige großartige Emotionen zu erleben … so großartig, dass ich diese Gefühle jedes Mal haben möchte. (ASO/TX)
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