Dagur Sigurdsson: „Wir haben an uns geglaubt und bis zum Ende gekämpft“.
Genau zehn Jahre ist das spektakulärste Handballspiel in der jüngeren Geschichte der Füchse Berlin schon her. Ademar Leon gastierte am 29. April 2012 im Fuchsbau zum Rückspiel im Kampf um das Champions League Final Four. Das Hinspiel ging mit 34:23 an die Spanier. Ein eigentlich uneinholbarer Vorsprung, doch der Rest ist Geschichte und seit Freitag auf dem YouTube-Kanal der Füchse Berlin zu sehen.
Wie tritt man nach solch einer Niederlage die Heimreise an? Und ab welchem Zeitpunkt werden dann die Pläne für das Rückspiel geschmiedet?
Dagur Sigurdsson: Das Hinspiel war schon unglaublich, wir hatten extremen Druck in dieser lauten und vollen Halle von Ademar Leon. Wir haben irgendwie versucht, uns ins Spiel zu kämpfen, hatten aber keine Chance.
Danach waren wir natürlich alle sehr enttäuscht, haben uns im Bus nach Madrid das Video vom Match direkt angeguckt, Analysen betrieben und auch unmittelbar über eine Taktik für das Rückspiel nachgedacht. Die war dann: Alle 15 Minuten müssen wir mit drei Toren gewinnen, nur dies war unser Ziel!
Wie sollte das Ziel verfolgt werden?
Dagur Sigurdsson: Wir wollten Sieben gegen Sechs spielen, was aber nicht ganz so gut geklappt hat. Es war mehr ein Zeichen für die Mannschaft und die Zuschauer, dass wir alles versuchen werden. Stück für Stück kamen wir dann besser rein. Ich habe das Spiel seitdem nicht mehr gesehen, aber in meiner Erinnerung hat uns die Halle getragen. Jedes Tor wurde wie ein Treffer beim Fußball gefeiert. Wir haben an uns geglaubt und schließlich bis zum Ende gekämpft!
Welche Erinnerungen gibt es sonst an das „Wunder von Berlin“?
Torsten Laen: Wir waren in unserer Ehre verletzt, so war es für uns leicht, an uns zu glauben und uns zu motivieren. Wir wussten, dass wir es deutlich besser machen müssten als im Hinspiel. An den Abend in Berlin habe ich dann gar keine genauen Erinnerungen mehr. Aber was ich noch weiß: Für den Einzug ins Final Four haben wir eine Prämie bekommen, darum durfte ich mich dann kümmern. Wir haben zum Saisonauftakt 2012/13 eine sehr besondere Reise nach Island gemacht, der beste Saisonauftakt, den ich in meiner Karriere hatte. Und wenn es um dieses Spiel gegen Ademar Leon geht, muss ich auch daran denken.
Iker Romero: Im Sport und auch im Leben ist alles möglich, das ist mein Motto. Wir haben in Leon unser schlechtestes Spiel der Saison gemacht, waren so überhaupt nicht fokussiert. Und Ademar hat dagegen das beste Spiel der Saison gezeigt. Also musst du die Situation nur umdrehen. Dazu kommt: Im Sport ist die Zeit relativ. 60 Minuten fühlen sich für jeden anders an. In der Max-Schmeling-Halle hat sich unser Gegner gefühlt, als sei eine Minute so lang wie eine Stunde.
Ich erinnere mich an einen Moment am Tag vor dem Rückspiel, ab dem ich mir zu 100 Prozent sicher war, dass wir das schaffen können. Nach unserem Training war die Gastmannschaft in der Halle, ich habe ein bisschen mit den spanischen Spielern gesprochen. Sie waren sich so sicher, dass sie zum Final Four fahren und nur noch kurz dieses eine Spiel gegen uns, vor unseren Anhängern, bestreiten müssen. Da wusste ich für mich: Okay, wir werden dieses Spiel gewinnen!
Silvio Heinevetter: Die Analysen klingen sachlich und äußerst schlüssig, aber das wichtigste wurde bisher gar nicht erzählt. Wir waren in Spanien und internationale Spiele stehen dafür, dass du danach nochmal raus gehst, in Bars oder Clubs. Mit Iker hatten wir einen ausgewiesenen Fachmann. Die Stimmung war nach dem Spiel zu recht richtig mies, aber es entwickelte sich eine Eigendynamik. Wir haben das spanische Nachtleben dann richtig genossen. Dort haben wir auch die Spieler von Ademar Leon getroffen, die schon überheblich, durchaus großkotzig von oben herab mit uns geredet haben, dass sie schon die Tickets für das Final Four kaufen können. Ein Stachel im Herzen, woraufhin wir uns eingeschworen. (Füchse/TX)
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