Caleb Ewan und Philippe Gilbert: „Caleb ist momentan der schnellste Sprinter“.
Diesen Samstag startet die Tour de France 2021 (26. Juni – 18. Juli 2021) in die 108. Ausgabe. Von Brest aus müssen die 184 Profis aus 27 Nationen, darunter 33 Franzosen, insgesamt 3.414 Kilometer bis nach Paris bewältigen. Samt Alpen und Pyrenäen. Die Strecke gilt als ausgeglichener als in den Vorjahren. Vor dem Prolog gab es eine Pressekonferenz mit Caleb Ewan und Philippe Gilbert von Lotto Soudal.
Philippe, Du gehörst zu den Fahrern im Feld, die schon beim letzten Start der Tour de France in Brest dabei waren!
Philippe Gilbert: 2008 ist schon sehr lange her … ich habe gute Erinnerungen an damals. Ich habe zwar die Etappe nicht gewinnen können, doch der zweite Platz ist eine schöne Erinnerung an meine Jugend.
Bei der Tour de France 2011 hast Du dann sogar das „Gelbe Trikot“ erobert. Was für Erinnerungen hast Du an diesen ganz speziellen Tag?
Philippe Gilbert: Es war nur ein kurzer Moment, aber ein sehr schöner Moment. Ich habe schon oft um dieses besondere Trikot gekämpft und es ist wirklich immer ein großer Kampf. Aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich bei der Tour de France in der Gesamtwertung führe, oder dann doch nur auf dem zweiten, dritten Platz bin. Egal, wie knapp es ist … wenn man es trägt, ist es wie ein Etappensieg, weil dieses Trikot so wichtig ist. Von daher war es ein toller Moment in meiner Karriere, dieses Ziel erreicht zu haben. Ich glaube, der Kampf ist intensiver als beim Giro d’Italia oder bei der Vuelta a España.
Was ist Dein Ziel für diese Ausgabe?
Philippe Gilbert: Ich bin fokussiert auf den richtigen Moment, von daher muss ich von Tag zu Tag schauen. Ich werde immer alles geben, auch für mein Team. Doch ich habe keine Etappe als Ziel, es hängt vom Rennverlauf ab. Von daher muss ich fokussiert auf den richtigen Moment sein.
Ist Caleb der Chef im Team, zumindest für die Tour de France?
Philippe Gilbert: Ich glaube, Caleb ist momentan der schnellste Sprinter im ganzen Feld. Es ist immer schön den besten Fahrer in seinem Reihen zu haben, von daher arbeitet das Team für ihn.
Philippe, kannst Du auch eine Rolle für Caleb spielen, oder bist Du von diesen Aufgaben im Sprintzug ganz befreit?
Philippe Gilbert: Ich werde ganz bestimmt nicht in den letzten Positionen für einen Sprint fahren, ich habe diese Aufgabe selten gemacht und ich mochte sie auch noch nie. Aber ich werde meinen Platz haben.
Caleb, Du hast angekündigt, in diesem Jahr bei allen drei Landesrundfahrten eine Etappe gewinnen zu wollen. Wie steht es um Deine Form?
Caleb Ewan: Ich fühle mich wirklich gut und natürlich hat mir die Belgien-Rundfahrt … bei der ich recht überraschend zwei Etappen gewonnen habe … dieses Extra an Selbstvertrauen gegeben.
Natürlich werde ich bei der Tour de France nach Etappensiegen Ausschau halten, aber ich habe mir keine Zahl für die Anzahl der Etappen gesetzt, die ich gewinnen möchte. Natürlich ist es immer mein Ziel, so viele Etappen wie möglich zu gewinnen, aber es wird viel davon abhängen, wie ich mich fühle. Auf jeden Fall fühle ich mich stärker als je zuvor und es fühlt sich einfach toll an, die komplette Unterstützung des Teams zu haben und zu spüren.
Welche Etappen könnten Dir liegen?
Caleb Ewan: In den ersten sechs Tagen der Rundfahrt gibt es drei Sprintchancen. Die ersten beiden Etappen werden wohl ein bisschen zu schwer für mich sein. Im Training habe ich mich recht stark auf das reine Sprinten konzentriert, aber bei der Belgien-Rundfahrt bin ich bergauf ja auch ganz gut gefahren. Trotzdem glaube ich nicht, dass ich am Eröffnungswochenende oben dabei sein werde. Mein Hauptziel ist es, die klassischen Sprints zu gewinnen. Ich denke aktuell, es gibt etwa sieben bis acht dieser Sprintchancen, viel mehr als im letzten Jahr. Außerdem gibt es relativ wenige Übergangsetappen.
Der Sprintzug wurde mit der Belgien-Rundfahrt noch verstärkt!
Caleb Ewan: Da dieses Jahr mehr Sprinter am Start sind, werden viele Teams das Rennen kontrollieren wollen. Das sollte es am Ende der Etappe ein wenig einfacher machen. Mit Tosh Van der Sande und Harry Sweeny ist unser Sprintzug verstärkt worden. Ich denke aktuell, dass wir das beste Team für diese klassischen Sprints haben, aber auch Groupama-FDJ und Deceuninck-Quick-Step haben einen soliden Zug. Aber es gibt noch viele weitere Fahrer, die man in diesem Jahr wirklich gut im Auge behalten muss, wie Merlier und Philipsen. Vielleicht ist es wahr, dass ich einer der schnellsten bei der Tour de France bin, aber wenn ich meine Gegner schlagen will, muss ich alles richtig machen.
So viele Sprintchancen gab es schon lange nicht mehr bei der Tour de France. Wie steht es um das Punktetrikot?
Caleb Ewan: In erster Linie liegt der Fokus darauf, Etappen zu gewinnen. Da ich am ersten Wochenende wahrscheinlich keine Punkte holen werde, muss ich meine Position in der Punktewertung am Ende der ersten Woche bewerten. Schön wäre es, wenn ich mir am Ende der ersten Woche noch alle Optionen offen halten könnte. Und wenn ich mich gut fühle, werde ich natürlich alles in meiner Macht versuchen, das Punktetrikot fürs Team zu erobern.
Caleb, der große Eddy Merckx hat nach dem Giro d’Italia in diesem Jahr recht harsche Kritik an Dir geübt, weil Du nach Deinen Siegen wieder einmal früher ausgestiegen bist. Wie siehst Du es?
Caleb Ewan: Ich hatte mehr Verständnis von ihm erwartet, aber dies ist eben seine Meinung. Ich hatte Probleme mit dem Knie und wir haben während der Etappe die Position des Schuhs verändert, doch die Schmerzen sind geblieben. Und am Ende werde ich von meinem Team für Rennsiege bezahlt und nicht dafür, ob ich Rennen bis zum Ende nur durchstehe. (LB/TX)
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